Bereits Mitte Oktober fand im Ahlener JuK-Haus mal wieder ein Nachwuchswettbewerb statt; und da ich mich schon lange nicht mehr in Ahlen hatte blicken lassen, stand für mich natürlich fest, dass ich am Start bin. Sechs Bands gaben an diesem Abend ihr Bestes, um die Jury zu überzeugen. Zu gewinnen gab es einiges, aber dazu später.
Swop
Zu Anfang bin ich ein wenig überrascht, da fast nur, nennen wir sie mal gutsituierte ältere Menschen mit ihren Kindern den Saal bevölkern. Grund dafür ist Swop, ein zehnköpfiges Ensemble von lauter 12jährigen Kiddies, die mit Instrumenten wie Saxophon, Klarinette, Posaune etc. Songs wie „Eye of the tiger“, „Smoke on the water“ und „We will rock you“ covern. Irgendwie niedlich, aber auch sehr schräg. Der Sound ist noch sehr bescheiden, nicht jede Note sitzt, aber für den Mut, sich vor so einem Publikum zu präsentieren, muss man Swop Respekt zollen. Die Eltern sind natürlich hellauf begeistert und beklatschen ihre Sprösslinge eifrig.
Sour Crowd
Sour Crowd folgen, und schlagartig steigt die Dezibelzahl im Saal; manche Eltern und Kinder schauen entgeistert und schockiert aufgrund dessen, was nun auf sie zukommt: Rotziger Rock ’n‘ Roll, oder, wie ich es nennen würde (ohne negative Wertung), geiler Schweinerock. Die Jungs um die beiden Sänger Manuel Busen und Andreas Linkamp hatte ich auch schon länger nicht mehr gesehen und muss feststellen, dass es ihnen gelungen ist, sich mehr und mehr aus dem Schatten ihrer Mentoren Mojo Jazz Mob zu lösen und etwas mehr Eigenständigkeit in ihren Sound zu bringen. Songs wie „All you can bleed“ und „Porn to rock“ rocken das Haus und lassen die Mädels, die vor der Bühne Manuel, Andreas, Robert und Jan (beide Gitarre), Timur (Schlagzeug) und Bassist Carsten anhimmeln, völlig ausrasten. Sour Crowd schrabbeln und posen sich durch ihr Set und lassen den Rock hochleben. Saubere Vorstellung.
Insane Mind
Von Insane Mind hatte ich schon einiges gehört, und deswegen war ich auch gespannt wie ein Flitzebogen. Sofort bin ich überrascht, wie überaus tight und technisch anspruchsvoll Michael (nennen wir es Gesang…;-)), Tobi (Bass), Christian (Battery), Jonas und Jens (beide Gitarre) zu Werke gehen. Ich hatte ja mit einigem gerechnet, aber damit nicht! Ständig am Bangen, spielt die Instrumentenfraktion komplizierte Licks, die einige moshend wahrscheinlich nicht so hinkriegen würden, während Michael growlend und schreiend ein wenig an Corpsegrinder Fischer erinnert. Sowieso scheinen sich Insane Mind etwas an Cannibal Corpse zu orientieren, beweisen aber mit Songs wie „Jack LaLaine goes insane“ und „Welcome to Analtown“ (Ahlen?!) ihren schwarzen Humor. Der Moshpit vor der Bühne ist mehr als amtlich, was an den groovigen Parts liegt, die zwischen den Blastspeed hervorstechen. Einfach nur GEIL!
Conspircacy
Conspiracy im Anschluss bedienen da eine ganz andere Richtung: Melodischer Alternative Rock der Marke Deftones oder Incubus wird hier geboten. Ab und an gibt es einige nette, harte Riffs, und auch das Engagement und Auftreten der Band ist tüchtig, aber wirklich hängen bleiben die Songs nicht. Ne schmissige Ballade haben die Jungs auch noch am Start, aber den Kommentar „Nettes Publikum, hätte ich gar nicht gedacht von Ahlen“ des Sängers hätte sich selbiger besser gespart (Sei froh, dass du Ahlen nicht geteert und gefedert verlassen hast, Unwissender!). Dafür bekommt er natürlich zu Recht Pfiffe und erboste Buh-Rufe.
One Way
One Way aus Hamm sind einfach nur grausam. Die ersten drei Songs ist der Gitarrist permanent verstimmt und bekommt es einfach nicht gebacken, dass sich sowohl Gerrit als auch Erik mit Grauen abwenden und den Saal für’s Erste verlassen. Ich aber gehe meiner journalistischen Pflicht nach und höre mir ein paar Songs an. Doch One Way sind nicht das Gelbe vom Ei, so gesichtslos und eintönig ist der melodisch-verstimmte Punkrock des Quartetts, dass ich mich alsbald Gerrit und Erik anschließe und flüchte. Brrr…
Terminal Row
Den Abschluss bilden Terminal Row, auf die ich auch sehr gespannt bin. Und was soll ich sagen: Die Jungs blasten ALLES UND JEDEN WEG! Ich hatte zwar mit einigem gerechnet, aber mit dem nicht. Frontsau Henne (Bass) shoutet sich souverän durch die Songs (kaum zu glauben, dass mein alter Bandkollege SO geil shouten kann), während sich Gille und Timm (beide Gitarre) ein Killerriff nach dem anderen aus dem Ärmel schütteln und Ben sein Drumkit nach allen Regeln der Kunst auseinander nimmt und immer wieder sein technisches Können, was echt exzellent ist, aufblitzen lässt. Eine Thrashgranate nach der anderen wird in den Mob gefeuert, der natürlich völlig abgeht (hätte ich lange Haare, ich hätte mir die Seele aus dem Leib gemosht!!!). Kaum zu fassen: Hier stimmt einfach alles! Selten hat mich eine Nachwuchsband mit ihrem ersten Gig so sehr überzeugt wie Terminal Row. Nachdem der Hammerauftritt vorbei ist, bin ich schon fast enttäuscht, denn vor mir aus hätten die Jungs noch Stunden länger spielen sollen/müssen.
Die Entscheidung
Bei der Siegerehrung haben jedoch Sour Crowd die Nase vorn: Ihnen gebührt der erste Platz, eine professionelle Demoproduktion. Meine Favoriten Terminal Row können sich über einen Videodreh freuen, während die nicht minder geilen Insane Mind als Drittplatzierte ein professionelles Fotoshooting einheimsen können (Verkleidet euch bitte wieder so sick wie zu Beginn des Gigs!!). Alles in allem war der Abend aber absolut geil; und gestandene Bands wie Osyris, Prometheus, Leaving Hope und Mojo Jazz Mob müssen sich angesichts des Nachwuchses verdammt warm anziehen…
Autor: Döni