Cryptopsy – 21.09.04, The Brickyard Vancouver (CAN)

..Klein und unscheinbar war die Anzeige in der “Georgia Straight“, die den aufmerksamen (!) Leser informierte, daß sich am 21. September CRYPTOPSY die Ehre geben würden. Und obwohl ich wirklich Ausschau gehalten habe: Plakate hingen ausschließlich im Brickyard selbst. Die PR für das Ereignis ließ deutlich zu wünschen übrig! Aber große PR ist anscheinend das Letzte, was CRYPTOPSY nötig haben. So musste sich auch keiner der Akteure des Abends über zu wenig Aufmerksamkeit beklagen. Alle bekamen zumindest das, was ihnen zustand.

Dass ich mir das Konzert nicht entgehen lassen würde, stand außer Frage. Endlich mal wieder laute und gute Musik… das hatte ich gehofft und ich sollte nicht enttäuscht werden!

Meatlocker Seven

Den Abend eröffneten die Kanadier MEATLOCKER SEVEN. Die Band aus Victoria war sichtlich geehrt, mit CRYPTOPSY auftreten zu dürfen. Was man vor allem an der Enttäuschung darüber merkte, dass sie weit davon entfernt waren, das reguläre Set spielen zu können. Der Sänger hatte eine Stimmbandentzündung und das Publikum kam in den wahrscheinlich höchst seltenen Genuss eines instrumentalen Death Metal Sets. Leider war der Sound etwas sehr breiig und die Soli des Leadgitarristen waren nur zu sehen und kaum zu hören. Der Vierer (Fünfer, wenn man den traurig zuguckenden Sänger mitzählt) war aber trotzdem in der Lage, sich mit dem sehr amerikanisch beeinflussten Death Metal Freunde zu machen. Der Raum vor der Bühne war zu keiner Zeit leer. Schade, mit voller Besetzung und besserem Sound hätten die mit Sicherheit noch einiges mehr gerissen!

Bloodshoteye

Als zweite Band betraten BLOODSHOTEYE die Bühne. Sehr dramatisch, denn das Gesangsmikro wurde von Backstage getestet…und zwar mit überaus vielversprechend klingenden Growls. Als dann beim ersten Riff die SängerIN die Bühne betrat, war die Überraschung doch recht groß. Leider hielt die Gruppe nicht, was der Soundcheck versprochen hatte: Den größten Teil des Auftrittes gab es eintöniges Geschreie…wenn ich wütend bin, kling ich ähnlich, glaub ich… [Anm.d.Webmasters: Wir bitten darum uns das einmal vorzuführen! Vielleicht bist du ja unglaublich talentiert und es ist uns noch nicht aufgefallen.] und auch die Musik war nicht wirklich mein Fall. Richtung Metalcore, allerdings nicht überzeugend: Gesang, Bühnenshow und vor allem Songaufbau blieben die ganze Zeit gleich und nach ungefähr zwei Minuten wurde die Band langweilig. Sehenswert war allerdings der Schlagzeuger… also mit einem derartigen Tier an den Drums hätten die auch locker etwas zügiger spielen können!

Abuse

Bei der nächsten Band hab ich den Namen nicht verstanden… und meine Frage wurde etwas komisch aufgenommen. Ich hätte mir auch ein Schild umhängen können: ”Ich bin nicht aus Vancouver!” Es waren nämlich die Lokalheroen ABUSE, die ich als nächstes bewundern durfte. Und, ja, bewundern ist das richtige Wort, denn die Sickos überzeugten mit lupenreinem Grindcore. Der Sänger unterstrich Titel wie “I’m so horny” mit mehr als eindeutigen Gesten und man beschuldigte sich gegenseitig noch mehr “horny” und somit auch noch mehr “dangerous” zu sein… Die liebevolle Darbietung der Songs “Hatefuck” und “Pieces of Girl” überzeugte restlos alle weiblichen Zuschauer von den durch und durch guten Absichten der fünf Bandmitglieder. ABUSE sorgten für den ersten vorsichtigen Circlepit des Abends. Und gemosht wurde was die Nackenwirbel zuliessen. Nicht zu viel, denn die nächste Band war ja schließlich CRYPTOPSY. Der Sänger von ABUSE zeigte sich am Ende dann auch recht enttäuscht darüber, dass niemand sie von der Bühne geprügelt habe um endlich CRYPTOPSY zu sehen…! Aber, Headliner hin oder her, dafür waren ABUSE einfach zu gut und eigentlich war der knappe 50 Minuten Auftritt doch etwas kurz.

Nach ABUSE kam dann…eine Umbaupause und zwar nicht zu knapp. Klar, das dauert auch etwas, ein derartiges Monster von einem Schlagzeug aufzubauen (14 Becken in allen Formen und Farben hab ich gezählt!). Noch dazu auf einer Bühne, die ungefähr so groß ist, wie unser Gästeklo (dessen Ausmaße einigen ja nur zu bekannt sein dürften.[Anm.d.Webmasters: und trotzdem haben sich Leute auf besagten Klo schon des öfteren verdammt heimisch gefühlt]). Die Drums allein beanspruchten gut die Hälfte der Bühne und davor stehen war eigentlich nicht wirklich möglich…

Cryptopsy

Um ziemlich genau Mitternacht betraten CRYPTOPSY dann eben diese Bühne. Und zwar mit einem sensationellen Line-Up: Der Sänger der ersten drei Alben “Ungentle Exhumation”, “Blasphemy Made Flesh” und “None So Vile” war mit von der Partie. Lord Worm, so sein Name, wurde mit gebührendem Gebrüll empfangen als er, einen Kelch mit “Blut” haltend, die Bühne betrat. Außerdem war Miguel Roy, als zeitweiliger Ersatz für Jon Levasseur eingesprungen; auch Miguel ist ein ehemaliges Mitglied von CRYPTOPSY.
Mittlerweile war der Club nicht mehr nur “gut besucht”, sondern recht voll. Ohne viele Worte ging’s dann auch sofort los mit dem ersten Song von “None So Vile”. Direkt nach dem Song verriet Lord Worm dann etwas, was die Zuschauer einschließlich mir zu drei (akustischen) Salti rückwärts veranlasste: Ja, das sei der erste Song von “None So Vile” gewesen und, ja, das ganze Album würde durchgespielt! Scheint im Moment im Trend zu liegen, auf Konzerten einfach Alben ganz zu spielen. Wie auch immer, gesagt, getan: CRYPTOPSY bretterten das Album gnadenlos und ohne allzu viele Wort durch. Die Ansagen beschränkten sich auf: ”Ihr wisst ja, was kommt!”… Gebrüll im Publikum… ”Richtig!” – und los ging’s!

Aufgrund der beengten Verhältnisse war die Bühnenshow leicht bis mittelschwer eingeschränkt. Aber die Jungs hatten selber verdammt viel Spaß an der ganzen Sache und das hat man gemerkt. Zwischendurch gab Drummer Flo Mournier dann sein Können zum Besten… der Hammer! Das Solo war kurz und schmerzhaft, der hat mal eben alles in Grund und Boden geprügelt und am Ende die Sticks mit großer Geste ins Publikum geschmissen…einem Fan in der ersten Reihe direkt ins Gesicht. Aber was nimmt man nicht alles in Kauf… Flo hat sich auch artig entschuldigt!

“None So Vile” näherte sich nach knapp 40 Minuten seinem Ende… ”Bangen” (ja, das Wort kann und soll man deutsch und englisch lesen!) und Hoffen im Publikum: Die würden doch nicht jetzt schon aufhören?!?! Oh, nein: Den Abschluss bildeten einige neuere Kracher, ebenso tight und brutal hingeballert (‘tschuldigung, aber anders kann ich das nicht in Worte fassen…!) wie die vorherigen. Unter anderem gab es natürlich “Cold Hate, Warm Blood”, wobei das Publikum total ausrastete.

Laut Lord Worm gibt es übrigens Ende des Monats (also Ende September…) neue Sachen als MP3 auf der Website. Und Mitte nächsten Jahres soll es dann ein neues Album geben (yippiiiiiieeee!). So richtig wollte er sich allerdings nicht auf eine Zeit festlegen… Egal, Hauptsache was Neues…man darf gespannt sein!

Das Ende des Sets wurde dramatisch angekündigt: Schleppende Gitarren (das erste Mal an dem Abend!), zu denen Lord Worm mit den Worten: ”In the absence of the flesh, we’ll at least have the blood!” seinen Kelch mit “Blut” im Publikum rumreicht: die mehr oder minder berühmte “Kommunion”…Hauptsache dramatisch!

Danach war das Ganze recht flott zu Ende, Zugaben waren aus Zeitgründen nicht mehr möglich. Angesichts der Temperaturen im Club waren der eine oder andere aber vielleicht auch ganz froh, an die frische Luft zu kommen…!
Alles in allem ein absolut einmaliges Erlebnis, auch wenn ich aus irgendeinem Grund (möglich, dass gewisse DVDs schuld sind) einen tödlichen Moshpit erwartet habe, was nicht der Fall war. Es ging schon heftig ab, aber nicht heftiger als “normal”.

Was ich auf jeden Fall bekommen habe, war eine ordentliche Ladung guter, lauter Musik und Nackenschmerzen für ungefähr drei Tage…was will man mehr?!

Autor: Nora

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